Erbfall zu Pferde
Fohlennachzucht durch Nicht-Erben
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Herausgabe der streitgegenständlichen Stute S. Im Übrigen begehrt die Klägerin vom Beklagten im Wege der Stufenklage die Auskunft nebst eidesstattlicher Versicherung, ob und zu welchem Preis er Fohlen von S verkauft hat, und Auszahlung der noch zu beziffernden Erlöse.S, die einen Wert von mindestens 3.500 € hat, zählte zum Nachlass des verstorbenen Vaters der beiden Parteien. Erben waren neben den beiden Parteien, seine Ehefrau, sowie die Klägerin, der Beklagte und K3 als gemeinsame Kinder. Nach der Bestattung des Vaters sprachen seine Erben im Dezember 2010 auch über den künftigen Verbleib der S. Sie beschlossen, dass sich jedes der drei leiblichen Kinder eines der neun Pferde aus dem Nachlass des Vaters aussuchen dürfe. Ob die Klägerin sich die S aussuchte, ist zwischen den Parteien streitig. Die Mutter der Parteien verstarb drei Jahre später.
S sich bis heute in dem gepachteten Stall, den ursprünglich der Vater betrieb und den seit dessen Tod der Beklagte betreibt. Der Beklagte versorgt die streitgegenständliche Stute seit dem Tod des Vaters auf eigene Kosten. Streitig ist, welche Kosten ihm insoweit entstanden sind. Gegenüber einem Herausgabeverlangen der Klägerin hat der Beklagte die Erstattung von Futterkosten geltend gemacht. Der Beklagte züchtete mit der streitgegenständlichen Stute vier Fohlen. Von diesen hat er bisher jedenfalls zwei Fohlen verkauft.
Das Landgericht Heidelberg entschied den Fall, wie folgt: Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe der S und der Erlöse für deren Fohlen, da sie Eigentümerin der S ist.
Nach dem Tod des Vaters ging das Eigentum an S auf seine Erben über. Mangels Testaments waren seine gesetzlichen Erben seine
Ehegattin sowie die Klägerin, der Beklagte und K3 als seine Abkömmlinge. Diese vier Erben erbten die Stute gemeinschaftlich als
Erbengemeinschaft. Die Klägerin wurde Alleineigentümerin durch Übereignung der Stute an sie mittels Teilauseinandersetzung der
Erbengemeinschaft hinsichtlich der Stute.
Eine Erbengemeinschaft zielt darauf ab, dass sich die Miterben über die Verteilung des gesamten Nachlasses einigen und diese
Einigung vollziehen. Die Wirksamkeit der Eigentumsübertragung hängt hierbei nicht davon ab, ob bereits über sämtliche
Nachlassgegenstände eine Einigung erfolgt ist. Stattdessen kann die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft sich auch auf
einzelne Nachlassgegenstände (sog. gegenständliche Teilauseinandersetzung) beschränken. Diese werden durch Übereignung aus dem
Nachlass herausgelöst und ganz oder bruchteilsweise an einzelne Miterben oder Dritte übertragen. Der übrige Nachlass bleibt
hierbei ungeteilt. Eine solche Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist hier hinsichtlich der S erfolgt. Dies ergibt
sich aus den Angaben der einzig neben den Parteien verbliebenen Miterbin, der K3. Diese hat bekundet, es sei bei dem fraglichen
Treffen klar gewesen, dass die Klägerin die S bekommen solle, so dass der Beklagte von nun an die S für die Klägerin besaß.
Denn der Beklagte ist nach wie vor Besitzer der S. Hierbei ist unerheblich, für wen (Klägerin oder Erbengemeinschaft) er als
Besitzmittler aufzutreten glaubt.
Dem Herausgabeanspruch steht kein die Eigentumsrechte möglicherweise beschränkendes Tierhaltungsverbot gegenüber der Klägerin
entgegen, da dieses nicht bewiesen wurde. Der für diesen ihm günstigen Umstand darlegungs- und beweisbelastete Beklagte trägt
hierzu nur vor, dass ein Tierhaltungsverbot der Klägerin „wohl“ bzw. „etwaig“ bestehe. Die Klägerin hat ein sie treffendes
Tierhaltungsverbot bestritten. Ein Beweisangebot ist nicht gemacht worden.
Der in 30 Jahren verjährende Herausgabeanspruch ist nicht verjährt. Der Anspruch ist auch nicht verwirkt. Der Beklagte trägt vor, er sei davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht Eigentümerin der streitgegenständlichen Stute gewesen sei. Daher konnte das Verhalten der Klägerin ihm gegenüber keinen Vertrauenstatbestand dahingehend begründen, dass die Klägerin bestehende Rechte nicht ausüben würde. Denn aus der Sicht des Beklagten bestanden von vornherein keine Rechte der Klägerin gegen ihn.
Der Beklagte hat jedoch ein Recht zum Besitz, das zu einer Zug-um-Zug Verurteilung wegen Erstattung der auf die Stute gemachten
notwendigen Erhaltungskosten führt. Ein Zurückbehaltungsrecht kann ein Recht zum Besitz begründen mit der Einschränkung, dass
es nicht zur Klageabweisung, sondern lediglich zur Zug-um-Zug-Verurteilung führt. Der Beklagte hat hier konkludent die Einrede
eines Zurückbehaltungsrechts wegen notwendiger oder nützlicher Verwendungen an der Stute erhoben, aus dem sich ein Recht zum
Besitz ergibt. In dem unstreitigen Vortrag, er habe die Herausgabe der Stute gegen Übernahme seiner Aufwendungen angeboten und
mache auch die Herausgabe der Fohlen davon abhängig, liegt die konkludente Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts, was für
die Erhebung der Einrede genügt. Der Tierbesitzer kann insoweit (auch) den Ersatz der notwendigen Verwendungen auf das Tier
(z. B. Kosten einer Haftpflichtversicherung und eines Hufschmiedes) nicht aber auch Ersatz der gewöhnlichen Erhaltungskosten
(hier: Futter- und Unterbringungskosten) verlangen, für die Zeit, in der ihm die Nutzungsmöglichkeiten verblieben sind,
unabhängig davon, ob der Tierbesitzer diese Möglichkeiten auch tatsächlich genutzt hat. Hier kann der Beklagte daher, da
ihm die Nutzung des streitgegenständlichen Pferdes bis heute zur Verfügung steht, lediglich die geltend gemachten Hufschmiedkosten
von 100 € jährlich für den Zeitraum von 14 Jahren ersetzt verlangen, die nach seinen Angaben auf 100 € jährlich zu schätzen sind.
Den Anfall von Tierarztkosten hat der Beklagte zwar behauptet, es hätte ihm aber oblegen, nachdem die Klägerin dies ihrerseits
durch Vorlage von Tierarztrechnungen, die sich bezogen auf die Jahre 2013 bis 2016 der S zuordnen lassen, bestritten hat,
konkrete Nachweise vorzulegen oder Beweis anzutreten. Dies ist nicht erfolgt.
Der Beklagte hat darüber hinaus kein weitergehendes Zurückbehaltungsrecht, insbesondere keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz
wegen der Fütterungskosten aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag. Zwar handelte der Beklagte mit Fremdgeschäftsführungswillen.
Dass er die Stute im Eigentum der Erbengemeinschaft wähnte und insoweit in dieser seinen Geschäftsherren sah und nicht in der
wahren Eigentümerin, der Klägerin, ist grundsätzlich unerheblich. Will jemand allerdings für einen Dritten ein Geschäft führen,
obwohl er den wahren Geschäftsherren kennt, dann liegt eine sog. Drittgeschäftsführung vor, die der angemaßten Eigengeschäftsführung
gleichgestellt wird. Da er bei der Einigung über die Aufteilung zugegen und einverstanden war, kannte er den wahren Geschäftsherren,
mithin den Eigentümer, die Klägerin.
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten zudem einen Anspruch auf Auskunft, welche Fohlen der S er zu welchem Preis verkauft hat.
Die Klägerin ist Eigentümerin der S. Insoweit wurde sie ebenfalls Eigentümerin der streitgegenständlichen Fohlen.
Es besteht eine Auskunftspflicht bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer
Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs
notwendigen Auskünfte nicht in zumutbarer Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete unschwer, das heißt ohne unbillig
belastet zu sein, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu geben vermag. Vorliegend geht es der
Klägerin um die Vorbereitung und Durchsetzung eines Anspruchs auf Herausgabe des Erlöses, den der Beklagte durch den Verkauf
der Fohlen erzielt hat. Zwar hat der Beklagte die Auskunft erteilt, dass er nur zwei von den unstreitig geborenen vier Fohlen
verkauft habe und die beiden anderen noch besitze und den Auskunftsanspruch insoweit teilweise erfüllt, zu den Verkaufserlösen
hat er sich aber nicht geäußert.