Beweislast für die Werbeeinwilligung
Landgericht Coburg, 14 O 502/10, Urteil vom 11.07.2011
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft für die Beklagte an den Geschäftsführern der Komplementärin der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger zur Aufnahme eines erstmaligen geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche Einwilligung vorliegt und soweit nicht die E-Mail-Adressen xxxxxxxxxx betroffen sind.Ausgenommen hiervon ist die Übersendung von Bestätigungs-E-Mails (sog. "Check-Mails"), mit denen der Kläger aufgefordert wird, eine vorherige Anmeldung für eine E-Mail-Zusendung (z.B. eines Newsletters) zu bestätigen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Zusendung von Werbe E-Mails ohne
ausdrückliche Einwilligung.
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Am 22.8.2010 erhielt er unter seiner privaten E-Mail Adresse xxxxxxxxxxx ein Werbeschreiben übersandt, in welchem für die auf der Internetseite
der Beklagten angebotenen Produkte geworben wird. Diese E-Mail wurde versandt durch die
Firma M. Am 21.12.2009 um 9.48 Uhr erfolgte unter Verwendung der E-Mailadresse
des Klägers xxxxxxxxxxxxx für den Info-Service der XXX eine Anmeldung zu
diesem Service. Wer diese Eintragung vorgenommen hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Am 14.1.2011 und 16.1.2011 erhielt der Kläger von der Beklagten selbst weitere Newsletter der Beklagten über seine E-Mail-Adresse xxxxxxxxxxxx. Diese E-Mail-Adresse wurde am
11.1.2011 auf der Webseite als Anmeldung für den Newsletter eingegeben.
Zwischen den Parteien ist wiederum streitig, wer diese Eingabe vorgenommen hat.
Die M hat auf Veranlassung des Klägers eine Unterlassungserklärung abgegeben.
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.8.2010 ab und forderte sie auf, bis
8.9.2010 eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben. In der vom Kläger übersandten vorgefertigten Unterlassungserklärung ist zugleich die Übernahme der Rechtsanwaltsgebühren des Klägers in Höhe von 338,50 € aus einem Gesamtstreitwert von 4.500,00 € durch die Beklagte vorgesehen. Die Beklagte lehnte die Abgabe der Unterlassungserklärung ab, da sie nicht Absender der E-Mail gewesen sei.
Hinsichtlich der Übersendung der Newsletter vom 14.1.2011 und 16.1.2011 wurde die Beklagte
vom Kläger erneut mit Telefax vom 14.1.2011 abgemahnt. Daraufhin gab die Beklagte eine
Unterlassungserklärung, zunächst bezogen auf zwei E-Mail-Adressen des Klägers
(xxxx und xxxx) ab, die später auf eine dritte E-Mail-Adresse des Klägers (xxxx) erweitert wurde. Anwaltskosten wurden von der Beklagten nicht übernommen.
Der Kläger bestreitet, sich für die streitgegenständlichen Werbe-E-Mails angemeldet zu haben.
Er ist der Auffassung, dass das vorliegend zur Anwendung gekommene sogenannte Single-Opt-In-Verfahren nicht ausreiche, um seine Einwilligung in die Zusendung zu beweisen.
Zum Nachweis geeignet sei nur das sogenannte Double-Opt-In-Verfahren, bei dem der Eintrag in
die Abonnentenliste durch eine aktive Bestätigung des in die Liste eingetragenen Empfängers
nochmals zurückbestätigt wird. Die Übersendung der E-Mails sei als Verstoß gegen §§ 823, 1004 BGB und § 1 UWG zu werten. Die Wiederholungsgefahr ergebe sich aus dem rechtswidrigen Eingriff und der nicht vollumfänglich erfolgten Abgabe der Unterlassungserklärung. Denn die auf
einzelne E-Mail-Adressen beschränkte Unterlassungserklärung beseitige die
Wiederholungsgefahr nicht. Die Beklagte hafte hinsichtlich der von der Firma
versandten E-Mail als Mitstörer, da sie die für sie handelnde nicht ausreichend
überwacht habe.
Die Beklagte schulde zudem die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie Zinsen
hinsichtlich des vom Kläger verauslagten Gerichtskostenvorschusses.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit
angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000,0 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft für die Beklagte an den
Geschäftsführern der Komplementärin zu vollziehen ist, untersagt, im geschäftlichen
Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger zur Aufnahme eines erstmaligen
geschäftlichen Kontakts per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass seine ausdrückliche
Einwilligung vorliegt und soweit nicht die E-Mail-Adressen xxxxxxxx betroffen sind.
2. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite 603,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
3. Die Beklagtenseite wird verurteilt, den von der Klägerseite verauslagten
Gerichtskostenvorschuss ab Eingang bei Gericht mit 5 Prozentpunkten über dem
Basiszins p.a. zu verzinsen.
hilfsweise zu dem Antrag Ziffer 2. beantragt der Kläger im Hinblick auf die vorläufige
Streitwertfestsetzung des Gerichts
die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite 316,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Sie rügt die Zuständigkeit des Landgerichts Coburg. Ferner sei sie schon nicht passivlegitimiert, da sie die streitgegenständliche E-Mail (vom 22.8.2010) nicht verschickt habe, diese sei von der Firma M übersandt worden. Im Übrigen habe sich der Kläger selbst für den E-Mailservice angemeldet, was auch für die E-Mails vom 14.1.2011 und 16.1.2011 gelte.
Aufgrund der Gesamtumstände sei es fernliegend, dass eine dritte Person die Anmeldungen
jeweils vorgenommen habe, vielmehr liege der Verdacht nahe, dass der Kläger
rechtsmissbräuchlich handele. Eine Wiederholungsgefahr bestehe zudem nicht, da die
M und letztlich auch die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben hätten. Eine
unbeschränkte Unterlassungserklärung der Beklagten könne wegen der Gefahr, dass der Kläger dies durch Anmeldung neuer E-Mail-Adressen missbrauche, um Vertragsstrafenzahlungen zu
generieren, nicht verlangt werden. In Bezug auf die Firma habe die Beklagte zudem
im Rahmen einer Vereinbarung zum Datenschutz im Zusammenhang mit der Beauftragung von
E-Mail-Marketing ihre Vertragspartner.in dahingehend verpflichtet, dass diese lediglich das
Double-Opt-In-Verfahren verwende. Insofern könne der Beklagten ein etwaiger Verstoß hiergegen
nicht zugerechnet werden. Schließlich fehle für die Erstattung vorgerichtlicher Kosten jede
Anspruchsgrundlage. Das gelte auch für die Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses.
Zum weiteren Vortrag der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 11.7.2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziffer 1. im Wesentlichen begründet,
im Übrigen unbegründet.
I.
Das Landgericht Coburg ist örtlich und sachlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit des
Landgerichts ergibt sich - nach Zusendung der weiteren E-Mails vom 14.1.2011 und 16.1.2011 -
aus dem Streitwert sowie streitwertunabhängig aus § 13 Abs. 1 UWG; der Kläger stützt sich zur
Begründung seines Anspruchs auf einen Verstoß gegen § 1 UWG.
II.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB
zu.
1. Das unaufgeforderte Zusenden von Werbe-E-Mails stellt aufgrund der damit verbundenen
Intensität der Belästigung einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers
bzw., soweit die Übersendung an die berufliche E-Mail-Adresse erfolgte, in den
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Dies gilt bereits für eine einmalige
Zusendung (BGH, Beschluss vom 20.5.2009, I ZR 218/07). Denn der Eingriff ist auch bei
nur einmaliger Übersendung einer E-Mail nicht als unerheblich zu qualifizieren. Zum einen
besteht die Gefahr, dass durch ein Überhandnehmen zugesandter E-Mails mit werblichem
Inhalt der elektronische Briefkasten blockiert wird, so dass weitere, erwünschte
Sendungen, automatisch zurückgesandt werden. Zum anderen muss der Adressat zum
Durchlesen, Sortieren und gegebenenfalls Löschen der eingehenden, ungebetenen
E-Mails nicht unerheblich Zeit aufwenden. Dass es sich auch bei der Zusendung einer
einzigen unverlangten E-Mail um eine unzumutbare Belästigung handelt, kann auch der Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG entnommen werden. Ohne Bedeutung ist hierbei,
dass die Entfernung nur einer E-Mail für sich betrachtet keinen großen Aufwand erfordert.
Entscheidend ist hierbei vielmehr, dass sich jede einzelne E-Mail als Teil einer
Gesamtbelästigung des sogenannten Spammings darstellt, so dass sich der Empfänger
gegen jede einzelne E-Mail zur Wehr setzen können muss.
2. Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers bzw. in
sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ist auch rechtswidrig. Die insoweit erforderliche
Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten aus.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt von dem hier nicht vorliegenden Ausnahmetatbestand
des § 7 Abs. 3 UWG abgesehen jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post
ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten eine unzumutbare Belästigung
dar. Diese gesetzgeberische Wertung ist bei der Beurteilung der Generalklauseln des
Bürgerlichen Gesetzbuches ebenfalls heranzuziehen (BGH, Beschluss vom 20.5.2009, I
ZR 218/07). Den Nachweis einer Einwilligung des Klägers hat die insoweit beweisbelastete
Beklagte nicht erbracht. Der zwischen den Parteien unstreitige Umstand, dass die
E-Mail-Adresse des Klägers auf der Homepage der Firma M bzw. der Beklagten
eingetragen worden ist, lässt die Beweislastverteilung unberührt. Es kann nämlich nicht im
Wege des Anscheinsbeweises davon ausgegangen werden, dass eine Eintragung
tatsächlich vom Inhaber der eingetragenen E-Mail-Adresse stammt. Es kommt auch ein
Missbrauch der Internetdaten des Klägers durch eine dritte Person in Betracht.
Dementsprechend könnte der Nachweis einer Einwilligung. des Klägers nur durch das
sogenannte Double-Opt-In-Verfahren, bei dem eine Zusendung von Werbung erst erfolgt,
nachdem der in Aussicht genommene Empfänger die Anmeldung nochmals ausdrücklich
auf Anfrage des Versenders per E-Mail bestätigt, oder ein entsprechendes Verfahren
geführt werden. Ein solches Verfahren, mit welchem eine abgegebene Einwilligung sicher
nachgewiesen werden könnte, wurde vorliegend jedoch nicht zur Anwendung gebracht.
Auch der Vortrag der Beklagten, dass die Häufung der Fälle, in denen die E-Mail-Adresse
des Klägers nach dessen Vortrag ohne sein Wissen und Zutun für den Bezug von
Newslettern und dergleichen eingetragen werde, merkwürdig sei und daher den Verdacht
eines Missbrauchs durch den Kläger begründe, ändert hieran nichts. Das Gericht gesteht
der Beklagten zu, dass es in der Tat auffällig ist, in welcher Häufung Daten des Kläger, dessen Vortrag folgend, von Dritten Personen zum Bezug von-Werbung angegeben
werden. Aus Sicht der Beklagten ist 'es nachvollziehbar, wenn sie insofern ein
missbräuchlichen Verhalten vermutet. Gleichwohl ersetzt der - auch durch Tatsachen
begründete - Verdacht nicht den von der Beklagten zu erbringenden Nachweis, dass die
Anmeldungen jedenfalls mit Einverständnis oder Wissen des Klägers erfolgten. Auch
besteht insofern keine sekundäre Darlegungslast des Klägers. Dem Gericht erschließt
sich nicht, wie der Kläger die von ihm aufgestellte Behauptung, er habe die Anmeldung
nicht vorgenommen, näher konkretisieren soll, wenn die Behauptung tatsächlich zutrifft. In
diesem Fall verfügt der Kläger nämlich über keine weiteren Kenntnisse hinsichtlich der
Anmeldung.
Die Beklagte steht im Übrigen dem von ihr behaupteten Missbrauch durch den Kläger auch
nicht schutzlos gegenüber. Wie oben dargelegt bietet beispielsweise das
Double-Opt-In-Verfahren die Möglichkeit, eine erfolgte Anmeldung auch sicher nachweisen
zu können. Dass die Beklagte dieses Verfahren nicht nutzt - auch bei den von der
Beklagten selbst versandten E-Mails vom 14.1.2011 und 16.1.2011 hat die Beklagte sich
die Anmeldung nicht bestätigen lassen - geht zu ihren Lasten.
Die Beklagte bleibt nach alle dem für ihre Behauptung, der Kläger habe eine Einwilligung
erteilt, beweisfällig.
3. Der Beklagten fällt hinsichtlich der Rechtsgutsverletzung auch Fahrlässigkeit zur Last.
Zwar hat sie sich nach ihrem eigenen Vortrag auf die unstreitig vorliegende Anmeldung
der klägerischen Daten verlassen und ging damit von einem Einverständnis aus. Der
Beklagten musste hierbei allerdings - schon aus den selbst vorgetragenen
vorangegangenen Verfahren, an denen der Kläger beteiligt war - bewusst sein, dass auch
ein Missbrauch der klägerischen E-Mail-Adresse durch Dritte möglich ist. Um sicher zu
gehen, hätte die Beklagte (oder die von ihr beauftragte M) beim Kläger
rückfragen müssen, ob er tatsächlich mit der Übersendung von Werbung einverstanden
ist, so wie dies im sog. Double-Opt-In Verfahren vorgesehen ist.
4. Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund des bereits einmal eingetretenen
Rechtsverstoßes vermutet und kann nur durch die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung entkräftet werden, die hier nicht (vollumfänglich) erfolgt ist. Die
Abgabe einer Unterlassungserklärung durch die Versenderin der Werbe-E-Mail vom
22.8.2010, die Firma M, beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht, da jedenfalls
nicht auszuschließen ist, dass die Beklagte künftig andere Unternehmen mit der
Versendung von Werbe-E-Mails beauftragt, die ihrerseits nicht an die durch die
abgegebenen Unterlassungserklärung gebunden sind, oder Werbe-E-Mails
selbst versendet, wie diejenigen vom 14.1.2011 und 16.1 .2011. Die von der Beklagten
selbst abgegebene Unterlassungserklärung ist gegenständlich beschränkt auf die drei
derzeitige E-Mail-Adressen des Klägers. Sie beseitigt die Wiederholungsgefahr nur
hinsichtlich dieser Adressen und nicht bezüglich weiterer - gegebenenfalls auch
zukünftiger - Adressen des Klägers. Soweit die Beklagte ausführt, eine unbeschränkte
Unterlassungserklärung sei ihr aufgrund des zu befürchtenden Missbrauchs durch den
Kläger nicht zumutbar, verfängt dies nicht. Der Beklagte steht es, wie oben ausgeführt,
frei, mit dem Double-Opt-In-Verfahren ein Versendeverfahren einzusetzen, welches einen
Missbrauch ausschließt.
5. Entgegen den Einwendungen der Beklagten ist diese hinsichtlich der E-Mail vom 22.8.1010
auch selbst als - wenn auch nur mittelbare - Störerin anzusehen. Störer ist nämlich auch
derjenige, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, willentlich und adäquat kausal an der
Verletzung des Rechtsguts mitwirkt oder hierzu beiträgt. Allerdings muss dem mittelbaren
Störer die Verletzung eigener Handlungspflichten vorzuwerfen sein. Eine solche
Verletzung von Handlungspflichten, nämlich von entsprechenden Kontrollpflichten, ist
vorliegend anzunehmen. Die Beklagte trägt zwar vor, dass sie im Zusammenhang mit der
Beauftragung von E-Mail-Marketing ihre Vertragspartnerin dazu verpflichtet habe, lediglich
das Double-Opt-In-Modell zu verwenden. Die Beklagte trägt jedoch nichts dazu vor, ob und
auf welche Weise sie die Einhaltung dieser Verpflichtung kontrolliert hat. Dies wäre der
Beklagten jedoch, jedenfalls bei entsprechender Gestaltung des zugrundeliegenden
Vertragsverhältnisses, als Auftraggeberin ohne Weiteres möglich gewesen. Die Beklagte
hat sich offenbar allein auf die vertragliche Verpflichtung ihrer Vertragspartnerin verlassen.
Irgendwelche Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung der vertraglichen Regelung, sei
es auch nur durch Veranlassung von Stichproben, sind nicht vorgetragen und auch nicht
erkennbar. Der Beklagten ist es als Veranlasserin der E-Mail-Werbung jedoch zuzumuten,
den für sie unmittelbar handelnden Dritten hinsichtlich der Einhaltung der vertraglichen '
Bestimmungen zu überprüfen. Nachdem dies nicht geschehen ist, richtet sich der Unterlassungsanspruch des Klägers bezogen auf die E-Mail vom 22.8.2010 auch gegen
die Beklagte als mittelbare Störerin. Die weiteren E-Mails wurden ohnehin von der
Beklagten selbst versandt.
6. Nachdem der vom Kläger beantragte Unterlassungsausspruch seinem Wortlaut nach
auch die künftige Übersendung von Bestätigungs-E-Mails im Rahmen des
Double-Opt-In-Verfahrens erfasst, derartige Bestätigungs-E-Mails ("Check-Mails") aber
gerade keine unerlaubte E-Mail-Werbung darstellen, sondern gerade geeignet sind, einen
Missbrauch durch sog. Spamming zu verhindern, war der Unterlassungsausspruch
diesbezüglich wie aus dem Tenor ersichtlich einzuschränken.
III.
Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht nicht.
1. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch kann nicht aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG
abgeleitet werden, da der Kläger nicht zu den in § 8 Abs. 3 UWG genannten
Anspruchsberechtigten gehört.
2. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch außerhalb des Wettbewerbsrecht .
steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Zwar gehören zu den bei einer Schädigung gemäß
§§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Herstellungskosten regelmäßig auch die
Kosten der Rechtsverfolgung, so dass auch die Kosten eines Rechtsanwalts
erstattungsfähig sein können. Der Schädiger hat aber nicht schlechthin alle durch das
Schadensereignis adäquat verursachten Anwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche,
die aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf dessen spezielle
Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH,
Urteil vom 12.12.2006, VI ZR 175/05). Die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts
erweist sich aus der Sicht des Geschädigten dann als nicht erforderlich, wenn er selbst
über eigene Fachkenntnisse und Erfahrungen zur Abwicklung des konkreten
Schadensfalls verfügt. Dieses Wissen hat er bei einfach gelagerten, aus seiner Sicht
zweifelsfreien Fällen bei der erstmaligen Geltendmachung des Schadens einzusetzen
(BGH, a.a.O.). Um einen solchen einfach gelagerten Fall handelt es sich vorliegend. Der Absender der streitgegenständlichen Werbe-E-Mails war vorgerichtlich jeweils nicht
streitig. Die Tatsache, dass in der Werbe-E-Mail vom 22.8.2010 darauf hingewiesen
wurde, dass zuvor eine Anmeldung für den Info-Service stattgefunden hat, ändert hieran
nichts. Die Unterlassungsschreiben, die der Kläger fertigte, stellten für diesen, der nach
dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten schon mehrfach als Partei in ähnlich gelagerten
Fällen einer unerwünschten Werbung aufgetreten war, ein Routinegeschäft dar. Dies wird
nach Auffassung des Gerichts auch durch die im hiesigen Verfahren vom Kläger
eingereichten Schriftsätze dokumentiert. Der Kläger kann daher die Gebühren aus dem
ihm selbst erteilten Mandat für die Abmahnschreiben nicht geltend machen. Dies gilt auch,
sofern man als Anspruchsgrundlagen die §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB in Betracht zieht.
Denn gemäß § 670 BGB sind nur die "erforderlichen" Aufwendungen zu ersetzen.
IV.
Einen Anspruch auf Verzinsung des vom Kläger verauslagten Gerichtskostenvorschusses unter
dem Gesichtspunkt des Verzugs, § 286 Abs. 1 BGB, besteht nicht. Auf die vom Kläger geforderte
Unterlassungserklärung besteht nämlich kein Leistungsanspruch, dessen Nichterfüllung zum
Schuldnerverzug führen würde.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Der materiell-rechtliche
Kostenerstattungsanspruch auf Verzinsung des verauslagten Gerichtskostenvorschusses wirkt
zwar streitwerterhöhend. Der Anspruch ist jedoch bei der Höhe der eingezahlten Gerichtskosten
in Höhe von 453,00 € geringfügig i.S.d. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und hat keine höheren Kosten
veranlasst. Dass der klägerische Antrag die Einschränkung des Unterlassungsausspruchs
hinsichtlich Bestätigungs-E-Mails nicht vorsah, ist ebenfalls als geringfügige Zuvielforderung
anzusehen, die keine höheren Kosten verursacht hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.
gez.
Dr. Karr
Richter am Landgericht