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Vereinsschädigung ist Sanktionsgrund

Landgericht Darmstadt, Urteil vom 04.07.2012, 7 S 16/12
vorgehend 3 C 1698/11 Amtsgericht Rüsselsheim

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim vom 14.12.2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 2.500,-- festgesetzt (I. Instanz: 5.000,-- €).

Gründe:

Der Kläger ist langjähriges Mitglied des Beklagten, einem Rassehundezuchtverein für XXX. Bei der Teilnahme des Klägers an Rassehundezuchtschauen in B und am XXX.2009 in L kam es zu Unregelmäßigkeiten bei der Meldung von Hunden des Klägers im Hinblick auf das Alter der Tiere. Die Beklagte leitete deshalb ein vereinsrechtliches Disziplinarverfahren ein mit dem Ergebnis, dass der Ehrenrat der Landesgruppe Sachsen mit Entscheidung vom 18.09.2009 eine Verwarnung ausgesprochen hat und dem Kläger für ein Jahr verboten hat, Ämter im Verein auszuüben. Den dagegen eingelegten Einspruch hat der Ehrenrat II. Instanz mit Beschluss vom 06.05.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger begehrt nunmehr auf dem Zivilrechtsweg, festzustellen, dass beide Entscheidungen unwirksam sind.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 14.12.2011 der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, dass der Beschluss des Ehrenrats II. Instanz des beklagten Vereins vom 06.05.2011 unwirksam ist und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und beantragt, festzustellen, dass die Disziplinarentscheidung des Ehrenrates des Beklagten vom 18.09.2009 unwirksam ist.
Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden, mithin zulässig.
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Disziplinarentscheidung des Ehrenrates I. Instanz der Landesgruppe Sachsen vom 18.09.2009 abgewiesen.
Vorab wird gemäß § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim verwiesen. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Ziff.1 ZPO) sind nicht ersichtlich. Zunächst wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsrichters zur formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der verhängten Disziplinarmaßnahmen vollumfänglich Bezug genommen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 15.05.2009 die ihm vorgeworfenen Fehler bei der Meldung von Hunden bei den Veranstaltungen in B am XXX.2009 (überprüft!) und in L am XXX.2009 eingeräumt und erklärt, dass er die zu Unrecht erworbenen Anwartschaften zurückgeben bzw. nicht benutzen werde. Mit diesem Verhalten hat er auch nach Auffassung der Kammer - unbestritten im Wiederholungsfall - gegen seine Verpflichtung verstoßen, die Grundsätze sportkameradschaftlichen Verhaltens zu beachten (§ 5 Abs. 3 b) der Satzung). Er hat sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschafft und damit gleichzeitig das Ansehen des Vereins nicht nur nicht gefördert, sondern beschädigt. Der Kläger selbst hat im vorgenannten Schreiben darum gebeten, von seiner Tätigkeit als Ausstellungsleiter entbunden zu werden, weil Informationen egal welcher Art "schnell die Runde machen". Er bringt damit zum Ausdruck, dass es gerade nicht förderlich ist, wenn derjenige, der für den ordnungsgemäßen Ablauf einer Ausstellung zu sorgen hat, selbst fehlerhafte Anmeldungen vorgenommen hat. Dabei spielt es keine Rolle, dass es sich nicht um eine vom XXX organisierte Veranstaltung gehandelt hat, sondern von Vereinen/Verbänden im Ausland. Im Gegenteil, es könnte zumindest der Eindruck entstehen, dass weniger Sorgfalt an den Tag gelegt wird, wenn es sich nicht um selbstorganisierte Veranstaltungen handelt. Das Schreiben des Rassebeauftragten für vom 31.03.2009 zeigt auch deutlich, dass das Verhalten des Klägers gerade nicht unbemerkt in den interessierten Züchterkreisen in Deutschland geblieben ist.
Zwecks Wahrung der Vereinsdisziplin kann der Verein Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder ergreifen, die der Satzung, den Vereinsordnungen, dem Ansehen des Vereins, den allgemein anerkannten Bräuchen des Hundesports oder den Grundsätzen sportkameradschaftlichen Verhaltens schuldhaft zuwidergehandelt haben (§ 12 Abs. 1 der Satzung). Mangels einer Vereinsordnung - das Bestehen einer solchen wird vom Kläger nicht behauptet - handelt es sich deshalb bei der Verfehlung des Klägers um eine sonstige Zuwiderhandlung im Sinne des § 13 Abs. 2 der Satzung, die mit den dort aufgeführten Ordnungsmaßnahmen geahndet werden kann. Ebenso wie das Amtsgericht sieht auch die Kammer in §§ 13, 12 der Satzung des Beklagten eine ausreichende Rechtsgrundlage; der unbestimmte Rechtsbegriff der "Grundsätze sportkameradschaftlichen Verhaltens" genügt auch den Bestimmtheitsanforderungen.
Der Kläger hat nach Auffassung der Kammer bedingt vorsätzlich gehandelt, indem er billigend in Kauf genommen hat, dass es zu Fehlern kommen kann, wenn in großer Hektik Unterlagen zusammengestellt werden, deren Bestandteile teilweise nicht "exakt lesbar" sind.
Die Kammer sieht deshalb die verhängten Ordnungsmaßnahmen als angemessen an. Wie bereits oben angeführt, hat der Kläger selber aufgrund der Vorkommnisse ein Weiterarbeiten als Ausstellungsleiter nicht für angezeigt gehalten. Der Ehrenrat hat ihn verwarnt und entsprechend der klägerischen Einschätzung ein Verbot der Ausübung von Ämtern im Verein für ein Jahr verhängt.
Nachdem das Rechtsmittel des Klägers erfolglos geblieben ist, hat er die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 3 ZPO; für jede der begehrten Feststellungen wird ein Wert von 2.500,- € für angemessen erachtet.

Wellenreuther Jahn Pfannenschmidt

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