Pferdebetriebe aufgepasst
Säumiger Einsteller – nicht zu forsch werden!
Eine Reitstallbetreiberin hatte Ärger mit einer Einstellerin, die für ihre Pferde keine Boxenmiete mehr zahlte. Nach einigem Hin und Her, bestellte die Reitstallbetreiberin zwei Pferdehändler ein und verkaufte diesen die Pferde der Einstellerin. Sodann klagte sie die restlichen ausstehenden Kosten ein. Die Einstellerin wollte mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen, da die Pferde viel zu billig verscherbelt worden seien.Das Landgericht Karlsruhe sah dies anders und verurteilte die Einstellerin vollständig.
In der Berufung erteilte das Oberlandesgericht folgenden (gekürzt wiedergegebenen) Hinweis, worauf sich die Parteien verglichen.
Das Gericht ging davon aus, dass zwischen der Reitstallbetreiberin und der Einstellerin eine Sicherungsübereignung stattgefunden hat. Dies bedeutet, dass die Einstellerin der Reitstallbetreiberin die Pferde zur Sicherung ihrer Forderungen übereignet hat. Daher durfte die Reitstallbetreiberin die Pferde veräußern, um die Außenstände zu verringern.
Nun aber kommt der Teil, den Reitstallbetreiber sich gut durchlesen sollten.
Verletzt der Sicherungsnehmer, hier die Reitstallbetreiberin, schuldhaft seine Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des Sicherungsguts
(der Pferde), so ist dem Sicherungsgeber (der Einstellerin) der aus der Pflichtverletzung entstandene Schaden zu ersetzen. Denn der
Sicherungsnehmer hat bei der Verwertung des Sicherungsguts die berechtigten Belange des Sicherungsgebers in angemessener und zumutbarer
Weise zu berücksichtigen, soweit nicht seine schutzwürdigen Sicherungsinteressen entgegen stehen. Deshalb muss er grundsätzlich prüfen,
welche Verwertungsmöglichkeiten in Betracht kommen, und seine Verkaufsabsicht dem Kreis der in Frage stehenden Interessenten hinreichend
bekannt machen. Welche Maßnahmen im Einzelnen geboten sind, hängt im Wesentlichen von der Art des Sicherungsguts sowie den sonstigen
besonderen Umständen des Einzelfalls ab.
Die Reitstallbetreiberin als Sicherungsnehmerin musste deshalb bestrebt sein, das bestmögliche Verwertungsergebnis zu erzielen. Sollte
sie als Betreiberin eines Pferdehofs nicht über das notwendige Fachwissen zur Feststellung des Verkehrswerts der beiden Pferde verfügt
haben, wäre auch eine Verpflichtung der Klägerin zur Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht gekommen, damit die Klägerin
angemessene Preisverhandlungen mit Kaufinteressenten hätte führen können.
Auch wenn die besonderen Umstände des vorliegenden Falles berücksichtigt werden, nämlich ein berechtigtes Interesse der Klägerin an einer
zügigen Verwertung der beiden Pferde zur Vermeidung weiter auflaufender Kosten, möglicherweise auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin
an der wirksamen Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses (also ein Verkauf an einen gewerblich handelnden Käufer) dürfte eine
Pflichtverletzung der Klägerin vorliegen. Sie hat ohne Wertgutachten oder sonstige Maßnahmen zur Wertfeststellung beide Pferde für nur
1.600 € und damit wohl deutlich unter dem Verkehrswert verkauft.
Die Einstellerin hatte hier insb. ehorses.de ins Spiel gebracht.
Im Hinblick auf ein mögliches Ergebnis bei einer Fortsetzung der Beweisaufnahme gibt der Senat aber zu bedenken, dass selbst das von der
Klägerin vorgelegte Parteigutachten für 14jährige Springpferde den hilfsweisen Rückgriff auf Angebotspreise aus dem Jahr 2020 von
durchschnittlich 8.500 € bis 12.500 € mit einem Sicherheitsabschlag für vertretbar hält. Auch die Berücksichtigung des Turniererfolgs
wenige Tage nach dem Bewertungsstichtag für die Beurteilung der Rittigkeit wird in dem Parteigutachten für vertretbar gehalten. Damit
stimmt überein, dass der Pferdehändler sehr schnell einen Käufer fand, der deutlich mehr bezahlte, als der Händler.
Selbst wenn lediglich die Kaufpreise berücksichtigt würden, die der Händler kurz nach der Verwertung durch den Weiterverkauf erzielt
hat und von diesen Beträgen noch deutliche Abschläge wegen der zuvor benannten berechtigten Interessen der Klägerin berücksichtigt würden
(also ein Abschlag zwischen 1/3 und ½), verbliebe ein erzielbarer Verwertungserlös zwischen 5.250 € und 7.000 €, also ein den tatsächlich
erzielten Erlös übersteigender Betrag zwischen 3.650 € und 5.400 € als möglicher Schadensersatzanspruch.
Man sollte also auch bei einer Sicherungsübereignung oder einem ggf. bestehenden Vermieterpfandrecht, nicht nur das Prozedere, sondern auch die Wertermittlung durchaus im Blick behalten, da man sonst so gestellt wird, als hätte man diese Werte auch tatsächlich erzielt und vereinnahmt.