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Grüner Schein und rote Karte für unzulässige Werbe-E-Mail nach illegalem Datenkauf

100 Euro Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO

Das Amtsgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 22.03.2024 entschieden, dass der Versender einer Werbe-E-Mail, der zuvor diese E-Mail-Adresse von einem Datenhändler erworben hat, einen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO in Höhe von 100,00 € zu zahlen hat.

Die Beklagte hat durch die unstreitige Versendung der Werbe-E-Mail vom 29.06.2023 gegen Art. 6 DS-GVO verstoßen, weil die Verarbeitung der Daten des Klägers, namentlich die Verwendung von dessen E-Mail-Adresse, nicht mangels Erfüllung einer der in Abs. 1 a) bis f) genannten Bedingungen rechtmäßig war.

Dem Kläger ist hierdurch auch ein immaterieller Schaden entstanden.
Es bedarf keiner schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts, um einen immateriellen Schaden nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO geltend zu machen, so dass ein genereller Ausschluss von Bagatellfällen nicht anzunehmen ist. Dennoch ist die Annahme, dass jeder Verstoß gegen die DSGVO allein aus generalpräventiven Gründen zu einer Ausgleichspflicht führt, unzutreffend, denn der Verpflichtung zum Ausgleich eines immateriellen Schadens muss eine benennbar und insoweit tatsächliche Persönlichkeitsverletzung gegenüberstehen. Teilweise wurde daher in ähnlichen Fällen wie dem vorliegenden, zweifellos wenig schwerwiegenden (Zusendung einer einzelnen Werbe-Email), ein immaterieller Schaden von den Gerichten verneint, weil es an einer objektiv benennbaren Beeinträchtigung des/der Geschädigten, die über den bloßen Ärger oder die individuell empfundene Unannehmlichkeit des Verstoßes hinausgehe, fehle.
Ein benennbarer, immaterieller Schaden ist jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH auch bereits etwa durch ein ungutes Gefühl gegeben, dass personenbezogene Daten Unbefugten bekannt geworden sind, insbesondere wenn nicht ausgeschlossen ist, dass die Daten unbefugt weiterverwendet werden. Unbefugte Datenverarbeitungen können zu einem Gefühl des Beobachtetwerdens und der Hilfslosigkeit führen, was die betroffenen Personen letztlich zu einem reinen Objekt der Datenverarbeitung degradiert.
Ferner sind auch die mit dem Erhalt unerwünschter Werbe-Emails verbundenen Komfort- und Zeiteinbußen als Schaden zu bewerten. Hier hat der Kläger einen Schaden ausreichend dargelegt, indem er vorgetragen hat, dass ihm Ärger und Zeitaufwand für das Lesen und Löschen der E-Mail entstanden seien und ergänzend auf den Kontrollverlust über die eigenen Daten abgestellt hat.
Bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs ist hier einerseits zu berücksichtigen, dass der Zeitaufwand, vom hier auszugehen ist, verhältnismäßig gering ist, sich nämlich auf wenige Minuten beschränkt. Auf der anderen Seite war aber auch zu berücksichtigen, dass nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers die unbefugte Datenverarbeitung nicht auf eine freiwillige Überlassung der Daten aus anderem Anlass, sondern auf einen illegalen Datenkauf zurückgeht, was das Sicherheitsgefühl stärker beeinträchtigt.

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© Rechtsanwalt und Mediator Frank Richter 2017